Ingenieurwissenschaften

Open Access in den Ingenieur­wissenschaften

Open Access in ist in den Ingenieurwissenschaften noch nicht so weit verbreitet wie in anderen Fachgebieten (Piwowar et al., 2018). Dies hängt zum Teil damit zusammen, dass stark wissenschaftlich geprägte Publikationen von Ingenieur­wissenschaftler*innen meist in Fachjournalen anderer Wissenschaftsbereiche wie z. B. der Physik oder der Chemie veröffentlicht werden. Zum Teil liegt dies aber auch daran, dass im Bereich der Ingenieurwissenschaften sehr industrie­nah geforscht wird und im industriellen Bereich der Gedanke, Ergebnisse und Erkenntnisse kostenfrei und weltweit zugänglich zu machen, auf größere Skepsis und Bedenken trifft.

Aus diesem Grund werden auch verhältnismäßig wenige Publikationen auf fach­spezifischen Preprint-Servern wie engrXiv veröffentlicht. Spätere Verwertungs­möglichkeiten der Ergebnisse sowie Patente und Lizenzen sollen nicht gefährdet werden; getreu dem Motto: erst Patentieren, dann Publizieren!

Darüber hinaus ist ein Großteil der Publikationen weniger wissenschafts-, als eher anwendungsorientiert und erscheint in Fachzeitschriften z. B. zum Zwecke der Kundenakquise.

In den Ingenieurwissenschaften spielen zudem Konferenzbeiträge eine wichti­gere Rolle als Zeitschriftenartikel. Die Anzahl der Konferenzen, die ihre Inhalte originär Open Access publizieren, ist im Gegensatz zum Zeitschriftenangebot anderer Disziplinen vergleichsweise gering. Vor allem kleinere Konferenzen sind von den oftmals hohen BPCs für Konferenzbände abgeschreckt oder geben keine gesammelten Proceedings heraus.

In den Ingenieurwissenschaften wird verstärkt auf den grünen Weg, die Zweit­veröffentlichung, gesetzt. Begünstigt wird dieser Umstand dadurch, dass viele ingenieurwissenschaftliche Konferenzen von Fachgesellschaften wie bspw. IEEE oder CIRP veranstaltet werden und in ihren Autorenverträgen sehr gute Zweit­veröffentlichungsoptionen bieten. Goldener Open Access ist meist mit (hohen) Publikationskosten verbunden und wird daher weniger genutzt, trotz der ver­gleichsweise großen Fördersummen in der Disziplin. Allerdings ist seit Einfüh­rung der DEAL-Verträge eine stärker werdende Tendenz Richtung Gold Open Access zu erkennen.

Oftmals gehören Konferenzbeiträge nicht zu den Bestandteilen der DEAL-Vereinbarungen oder anderer internationaler Initiativen (bspw. Plan S). Auch wenn durch diese Bestrebungen künftig mit einem höheren Anteil von Open-Access-Artikeln im Bereich der Ingenieurwissenschaften zu rechnen ist, werden also weiterhin viele Konferenzbeiträge nicht Gold Open Access veröffentlicht werden können.

Im BMBF-geförderten Projekt OpenIng wurde eine Umfrage zum Publikations­verhalten von Ingenieur*innen im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass durchaus ein Bewusstsein für Open Access vorhanden ist, das aber nicht ausreicht, das Publikationsverhalten zu verändern. Ein Grund dafür seien unter anderem die unklaren Rahmenbedingungen, wann und wie Open Access veröffentlicht werden kann (Elsner et al., 2019).

Open-Access-Zeitschriften

Das Directory of Open Access Journals (DOAJ) listet unter dem Stichwort Engineering 1.724 Einträge (Stand: März 2024).

Wichtige Open-Access-Zeitschriften sind:

Open-Access-Zeitschriften, die sich dezidiert den Ingenieurwissenschaften widmen, gibt es eher selten. Viele ingenieurwissenschaftliche Artikel werden in Zeitschriften anderer Fachbereiche publiziert, beispielsweise in den Bereichen Materialforschung, Physik oder in Teilbereichen dieser Disziplinen wie z. B. der Optik. Die oben stehende Auswahl ist daher lediglich als kleiner Ausschnitt der Zeitschriften zu verstehen, in denen ingenieurwissenschaftliche Artikel veröff­entlicht werden.

Dazu kommt, dass Beiträge wissenschaftlicher Konferenzen oder Konferenz­bände selbst nicht im DOAJ gelistet werden, da sie originär nicht als fortlaufen­de Bände im Zeitschriftenformat erscheinen. So entfallen in dieser Zählweise viele ingenieurwissenschaftliche Konferenzbeiträge in Proceedings wie bei­spielsweise Procedia CIRP, die in der angewandten Forschung eine wichtige Rolle spielen, im Bereich der Grundlagenforschung jedoch wesentlich weniger beachtet werden. Oft sind die Reihentitel zwar mit einer ISSN in den Literatur­datenbanken nachgewiesen, doch die Inhalte entsprechen meist einzelnen Tagungsbänden einer wissenschaftlichen Veranstaltung und weniger einer fortlaufenden Reihe im Format einer Zeitschrift.

Trotz dieser Umstände nimmt das Angebot an Open Access-Zeitschriften in den Ingenieurwissenschaften stetig zu, so sind bspw. beim Verlag MDPI rund 100 Zeitschriften und bei SpringerOpen mehr als 30 Open-Access-Zeitschriften verzeichnet, die dieses Themenfeld umfassen.

Gerade in den Ingenieurwissenschaften stellt das Thema Predatory Publishing ein großes Problem dar (Shen & Björk, 2015), was die Skepsis gegenüber Open Access in der Disziplin weiter verstärkt.

Video zur Finanzierung von Open-Access-Artikeln

Open-Access-Bücher

Unter dem Stichwort Engineering listet das Directory of Open Access Books (DOAB) 10.061 Titel. Die Online library and publication platform OAPEN verzeichnet unter dem Suchwort Engineering rund 17.223 Titel (Stand: März 2024).

Die hohe Anzahl an Büchern im Bereich Ingenieurwissenschaften liegt darin begründet, dass es in den Datenbanken DOAB und OAPEN keine Hauptkategorie Engineering gibt, sondern Engineering immer als begleitendes Fachgebiet auftaucht, wie bspw:

Disziplinäre Repositorien

Zu den wichtigsten Repositorien in den Ingenieurwissenschaften gehören:

  • engrXiv: Preprint-Server für das Fach Ingenieurwissenschaften und ver­wandte Gebiete. engrXiv wird von einem Lenkungsausschuss aus Ingenieu­ren und Mitgliedern der ingenieurwissenschaftlichen Bibliotheken geleitet.
  • arXiv EESS: E-print-Server für das Teilgebiet Electrical Engineering and Systems Science. Dabei ist EESS eine Teilsammlung des gesamten arXiv-E-print-Servers.

Eine Übersicht zu relevanten Repositorien bietet das Open Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR).

Video über das Zeitveröffentlichungsrecht

Sonstige Tools/Angebote

Publish-Ing. ist eine Open-Access-Publikationsplattform in den Ingenieurwissen­schaften. Die Idee für Publish-Ing. resultierte aus der Conference on Produc­tion Systems and Logistics (CPSL), welche in Kooperation mit der TIB, der WGP, dem IFA (Institut für Fabrikanlagen und Logistik) sowie der LUH (Leibniz Uni­versität Hannover) im Jahr 2020 zum ersten Mal durchgeführt wurde. Ziel von Publish-Ing. ist es, eine digitale Plattform für Wissenschaftler*innen zu etablie­ren, auf welcher aufwandsarm und kostengünstig Open Access publiziert werden kann. Alle Beiträge werden durch die TIB veröffentlicht und auf dem Repositorium der Universität Hannover hinterlegt.

Das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförder­te Projekt OpenIng hat darüber hinaus Services für Ingenieur*innen entwickelt, die auch nach der Projektlaufzeit noch nutzbar sind. So wird beispiels­weise ein OA-Check angeboten, bei dem überprüft wird, ob bereits erschienene Publika­tionen kompatibel für Open Access sind.

Literatur

  • Elsner, C., Rosenke, N., Weber, M., Hoppe, C., Drößler, S., & Hermann, S. (2019). Von Bottom up zu Top down. Umfrage: Forschende der Ingenieurwissenschaften erwarten klare Rahmenbedingungen von den Hochschulleitungen bei Open Access und Open Educational Resources. O | Bib. Das offene Bibliotheksjournal, 6(2), 80–91. https://doi.org/10.5282/o-bib/2019H2S80-91
  • Piwowar, H., Priem, J., Larivière, V., Alperin, J. P., Matthias, L., Norlander, B., Farley, A., West, J., & Haustein, S. (2018). The state of OA: a large-scale analysis of the prevalence and impact of Open Access articles. PeerJ, 6, e4375. https://doi.org/10.7717/peerj.4375
  • Shen, C., & Björk, B.-C. (2015). ‘Predatory’ open access: a longitudinal study of article volumes and market characteristics. BMC Medicine, 13. https://doi.org/10.1186/s12916-015-0469-2

Weiterführende Literatur

  • Ezema, I. J. (2020). Gold route open access journals in engineering and technology: analysis of research impact and implications for scholarly communication. Issues in Science and Technology Librarianship, 96. https://doi.org/10.29173/istl43

Bearbeitung der Inhalte dieser Seite: Peter Molitor und Eric Retzlaff, Fraunhofer Gesellschaft (Stand: Dezember 2021)